Liebe Leserin, lieber Leser,

Münster hat viele Traditionsunternehmen, die bestens bekannt sind, wie das Gasthaus Pinkus Müller, das Schuhhaus Zumnorde, das Hotel Kaiserhof, das Autohaus Knubel oder die Schlosserei Feldbrügge. Einige haben ihre Türen für immer geschlossen, wie zum Beispiel die Cafés Schucan, Kleimann und Grotemeyer, das Textilhaus Hettlage, das Autohaus Kiffe oder das Schuhgechäft Stupperich.

 

Andere alteingesessen Firmen sind der Öffentlichkeit dagegen wenig bekannt, vor allen Dingen dann, wenn es kleinere, spezialisierte Handwerksbetriebe sind.

 

Bislang konnte ich mir unter einer Spezialschweißerei nur wenig vorstellen. Das sollte sich ändern, als ich mich mit Heinz Prinz unterhielt. Sein Vater Ludwig Prinz gründete vor 100 Jahren die Spezialschweißerei Prinz, die im Südviertel ihren Sitz hatte.


Die Geschichte der Spezialschweißerei Prinz

Die Anfänge

Ludwig Prinz - 1894-1955
Ludwig Prinz - 1894-1955

Ludwig Prinz wird 1894in Rheine geboren, besucht die Volksschule, macht eine Schweißer-Ausbildung und ist Soldat während des 1. Weltkrieges. Seit 1919 arbeitet Ludwig Prinz in der Automobilwerkstatt von Cornelius Schultz in der münsterschen Hafenstraße.

 

1924 wagt Ludwig den Schritt in die Selbständigkeit und gründet seine Firma in der Südstraße 142. Diese Spezialschweißerei ist zu dieser Zeit die einzige dieser Art  im ganzen westfälischen und norddeutschen Raum.

 

Bei der Analog-Schweißtechnik handelt es sich um ein neues Spezialgebiet. Dieses Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass unterschiedliche Metalle ohne Zusatzmittel zusammengefügt werden können. Dafür werden zwei Gase benötigt, nämlich Sauerstoffe und Acetylen. Daneben entwickelte sich das elektrische Schweißen.

 

Seit 1930 hat Ludwig Prinz  seinen Meisterbrief als Autogen-Schweißer in der Tasche - übrigens ist er der erste Schweißermeister in Westfalen.

Mitarbeiter der Automobilwerkstatt Cornelius Schultz - Ludwig Prinz links außen in der 2. Reihe
Mitarbeiter der Automobilwerkstatt Cornelius Schultz - Ludwig Prinz links außen in der 2. Reihe

Die Werkstatt am Güterbahnhof

Anfang des 20. Jahrhunderts siedeln sich Im Südviertel in der Nähe des Güterbahnhofs Industrie- und Handwerksbetriebe an, wie zum Beispiel die Firma Stille. Hier findet nun auch die Spezialschweißerei Ludwig Prinz ihren langjährigen Sitz.

Die Lage - Stadtplan 1932
Die Lage - Stadtplan 1932
An den Bahngleisen - Ende 1940er Jahre
An den Bahngleisen - Ende 1940er Jahre

Die Werkstatt befindet sich an der damaligen Südstraße 142. Dien Gleise des Güterbahnhofs sind nicht weit entfernt.

 

Im Zuge einer Straßenverlängerung nach dem 2. Weltkrieg gehört der Abschnitt der Südstraße inzwischen zur Friedrich-Ebert-Straße.


Werkstattwagen
Werkstattwagen

Über Straßenumbenennungen

Wie alte Geschäftsunterlagen dokumentieren, hat sich die Straßenbezeichnung der Südstraße mehrfach geändert. In den Jahren der Nazi-Herrschaft von 1933 bis 1945 führt sie den Namen Leo-Albert-Schlageter-Straße. 1945 wird der Bereich um die Hausnummer 142 in Alfred-Krupp-Straße umbenannt. Dies ist allerdings nur von kurzer Dauer, denn im Zuge der Weiterführung der Friedrich-Ebert-Straße zur Hammer Straße hin erfolg eine erneute Umbennung. Die Werkstatt hat nun in der Friedrich-Ebert-Straße die neue Hausnummer 114.

1949: 25-jähriges Betriebsjubiläum - Ludwig Prinz mit seinen Mitarbeitern - vorn in der Mitte
1949: 25-jähriges Betriebsjubiläum - Ludwig Prinz mit seinen Mitarbeitern - vorn in der Mitte

Mit Fleiß, Ausdauer und handwerklichem Geschick führt Ludwig Prinz erfolgreich sein allseits anerkanntes Unternehmen.

 

Während des Krieges wird auch das Südviertel stark bombardiert. Nach 1940 wird die Werkstatt 1945 zum 2. Mal von Bomben getroffen und zerstört. - In den schweren Jahren des Wiederaufbaus arbeitet Ludwig Prinz in einer Werkstatt in Hiltrup. Aber bereits 1948 kann er seinen Betrieb an alter Stelle (nunmehr Friedrich-Ebert-Straße 114) wieder eröffnen.

Fleyer 1949
Fleyer 1949

Bombenangriff 1940: Reparaturarbeiten an der zerstörten Werkstatt
Bombenangriff 1940: Reparaturarbeiten an der zerstörten Werkstatt

Zäsuren

1951 beginnt Heinz Prinz bei seinem Vater eine Schweißer-Lehre. Zu diesem Zeitpunkt ahnt Heinz nicht, dass er nur einige Jahre später den Betrieb übernehmen wird.

Ludwig Prinz mit Sohn Heinz
Ludwig Prinz mit Sohn Heinz

Die arbeitsreichen Jahre und die harte Zeit des Wiederaufbaus sind an Ldwigs Gesundheit nicht spurlos vorüber gegangen. Er erkrankt 1955 und stirbt mit erst 61 Jahren.


Heinz Prinz
Heinz Prinz

Heinz Prinz ist erst 18 Jahre alt, als er das Erbe seines Vaters antritt. Mit Geschick und Erfolg führt er die Spezialwerkstatt weiter. Geschweißt werden unter anderem Motorblöcke, Zylinderköpfe, Aluminiumgehäuse. Inzwischen sind weitere Spezialgebiete hinzugekommen: das Schweißen von Oldtimer-Motoren, Schiffsmotoren und Traktormotoren aus Guss und Aluminium.

 

Am 1.4.2004 besteht das Unternehmen 80 Jahre. Das ist für Heinz Prinz nach 53 Berufstjahren der gegebene Anlass, den Werkstattschlüssel an Thomas Weppelmann zu übergeben, der das Unternehme nunmehr nan der Loddenheide 29 weiterführt.

 

Im Jahre 2024 feiert die Spezialschweißerei Prinz ihr 100-jähriges Geschäftsjubiläum.

Bilder rund um die Schweißerei


Quellen

Text: Henning Stoffers

Abbildungen: Heinz Prinz